Sankt Nikolaus besucht Hünfelder Gefängnis mit dem ‚süßen Gold‘
Der Heilige Nikolaus mit einer FFP2 Atemschutzmaske im
Gefängnis, das passiert nicht oft! Dieses Jahr war das in der Justizvollzugsanstalt
in Hünfeld der Fall: eine Premiere! Natürlich ist der katholische Bischof, der traditionsgemäß
aus Myra stammt, nicht ins Gefängnis gegangen, weil er ‚sitzen‘ musste. Der
Schutzheilige der Diebe, Gefangenen und Gefängnisbediensteten hat sich dieses Jahr
bewusst entschlossen, seine schützende Hand den Mitarbeitern und hunderten
Inhaftierten der JVA Hünfeld zu reichen, mit einem Geschenk in Form des ‚süßen
Goldes‘ – einer Ferrero Rocher Praline in goldfarbener Hülle –, und einem besinnlichen
Wort.
Bevor die
Nikolaus-Aktion im Gefängnis durchgeführt werden konnte, musste intern erstmal
viel besprochen werden. Die Gefängnisseelsorger Pfarrer Dr. Andreas Leipold,
Pfarrer Franz Hilfenhaus und Diakon Dr. Meins Coetsier, haben sich bemüht, ihren
Ansprechpartnern, dem Anstaltsleiter, Leitender Regierungsdirektor Lars
Streiberger,Sicherheitsdienstleiter
Uwe Möchel und den verschiedenen Bereichsleitern der unterschiedlichen Hafthäuser
die Tradition des Nikolausfestes
schmackhaft zu machen. Auch, um eventuelle Unsicherheiten bezüglich der
Geschenkausgabe frühzeitig zu klären. Schon Wochen vor der Ankunft von Sankt
Nikolaus im Hünfelder Gefängnis tauchten einige Fragen auf: Ist es nicht
gefährlich, Sankt Nikolaus im Knast zu feiern? Wie werden die harten Jungs
reagieren? Trotz gemischter Reaktionen haben die Seelsorger einen Konsens mit
der Leitung gefunden und den Eindruck gewonnen, dass Sankt Nikolaus als Patron
der Gefangenen gut empfangen werden kann.
Vom historischen
Nikolaus, der im 3./4. Jahrhundert lebte, ist überliefert, dass er sein
gesamtes Vermögen den Bedürftigen vermachte. Nikolaus von Myra (in der heutigen
Türkei) soll ein großer Wohltäter und Nothelfer gewesen sein: Es heißt, der
Bischof habe unschuldig Verurteilten das Leben gerettet, weswegen er auch zum
Schutzheiligen der Gefangenen wurde. Genug Gründe, diesen Schutzheiligen, der durch
Reisende und Pilger schon früh in Deutschland bekannt wurde, auch im Gefängnis
zu feiern. Die meisten Inhaftierten reagierten sehr positiv auf die ungewöhnliche
Seelsorge-Aktion. Auch die Justizvollzugsbediensteten auf den Stationbüros wurden
mit Süßigkeiten bedacht. In einer Prozession mit Wagen und Sack bewegten sich
„die himmlischen Mitarbeiter“ durch die Hafthäuser, hunderte Zellentüren entlang.
An fast jeder Zellentür wurde geklopft und gefragt, ob man das ‚süße Gold‘–
eine kugelförmige Schokolade – erhalten möchte. Zusätzlich wurden Kalender mit
ermutigenden Worten aus dem Evangelium verteilt. Lächelnde Gesichter strahlten dem
edlen Spender und seinen zwei Helfern entgegen, als sie vor der Zellentür
auftauchten. Zwei südamerikanische Gefangene fingen an aus voller Brust zu
singen, als sie ihr ‚Gold‘ in Empfang nahmen, andere mussten einfach zutiefst
lachen. „Tolle Aktion!“ sagten ein paar erfreuliche und schmunzelnde Hausarbeiter.
„Sankt Nikolaus ist nicht der Weihnachtsmann, aber er hat definitiv für gute Stimmung
hier im Knast gesorgt!“
„Natürlich kann St. Nikolaus in Hünfeld nicht
nach niederländischer Tradition in einem ‚Hafen‘ empfangen werden,“ lachte
Diakon Coetsier. „...es gibt hier keinen Hafen, in dem er mit dem Dampfschiff
ankommen könnte. Hier ist der ‚Hafen‘ das Gefängnistor an der Molzbacherstraße,
das musste reichen.“ Man spricht interessanterweise von ‚Einfahren‘, wenn jemand
ins Gefängnis kommt. Pfarrer Hilfenhaus äußert sich hoch erfreut: „Diese christlichen
Tradition ist sehr wichtig! Unbedingt! Die meisten Gefangenen fanden es eine
großartige Idee, die Tradition vom Heiligen Nikolaus auf diese Weise
fortzusetzen“. Auch Pfarrer Leipold war angetan von der Aktion: „Man spürte die
Spannung, wenn die Zellenklappe aufging und die Person nachfragte, was dies so
spät abends zu bedeuten hätte. Als wir dann erklärten, dass es um die
Nikolaus-Aktion der Seelsorge ging, freuten sich die meisten über ihr kleines goldenes
Geschenk.“ Die Seelsorger wollten zeigen, dass trotz Covid-19 und aller
Weihnachtsunsicherheiten dieses Jahr, es wichtig bleibt, das zu vermitteln, was
der Heilige Nikolaus vorgelebt hat: Liebe und Mitmenschlichkeit – und zwar für
alle! +++
Die Nikolaus-Aktion wurde ermöglicht durch den treuen
Einsatz und die Hilfsgelder von den Ehrenamtlichen der JVA, Helmut Rensch und
Gerhard Röchow, als auch durch Spenden aus dem Pastoralverbund Hessisches
Kegelspiel. Bischof Nikolaus und sein Team rufen alle in diesen schwierigen
Zeiten dankbar ein ganz herzliches „Vergelts Gott“ zu.
Text und Fotos: Gefängnisseelsorge JVA Hünfeld / JVA Fulda