Literatur am Kirchplatz – Von Herzfäden, Glocken und Flusskrebsen

Auch in diesem Jahr veranstaltete der Pfarrgemeinderat der Kirchengemeinde St. Georg in Eiterfeld zusammen mit dem Bistum Fulda und dem Kultursommer Main-Kinzig-Fulda wieder eine Lesung unter dem Motto „Spuren der Religion in zeitgenössischer Literatur.“

Unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln, konnten etwa 80 Personen nach Voranmeldung teilnehmen.

Louisa Licht las aus dem Jugendbuch „Sankt Irgendwas“ von Tamara Bach. Auf der Klassenfahrt der 10b muss etwas schrecklich schiefgegangen sein, erzählen sich andere Mitschüler. Ein Konflikt zwischen Lehrer und Schülern, der sich hochgeschaukelt hat, doch es kursieren nur Gerüchte, nicht einmal das Ziel der Reise ist den anderen Schülern genau bekannt. Nach Frankreich? Nach Spanien? Sankt irgendwas eben, wo es auch Ruinen und Heilige gibt.

Michael Friedrich, ehemaliger VHS-Leiter und Diakon aus Hosenfeld, las anschließend aus „Herzfaden“ von Lars Hettche vor. Darin wird die Geschichte der Augsburger Puppenkiste erzählt. „Der Herzfaden ist der wichtigste Faden einer Marionette. Er macht uns glauben, sie sei lebendig, denn er ist am Herzen der Zuschauer festgemacht.“ Passend zu den einzelnen literarischen Beiträgen gestaltete Oliver Zentgraf musikalische Zwischenakzente auf dem Piano und dem Akkordeon. Nach „Herzfaden“ spielte er gekonnt das Lummerland-Lied.

Zwei sehr unterschiedliche Schwestern hatten „Zwei Wochen im Juni“ die Gelegenheit das Haus ihrer verstorbenen Mutter auszuräumen und damit ihre eigene Vergangenheit zu bewältigen und die Zukunft in neue Bahnen zu lenken. Simone Heeß vom Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde Eiterfeld las rührende Zeilen aus dem Buch von Anne Müller vor.

Andreas Schweimer, als ehemaliger Kaplan in Eiterfeld nun in Hersfeld-Rotenburg tätig, nahm die interessierten Zuhörer mit nach Norwegen ins Jahr 1880. In dem Roman „Die Glocke im See“ geht es um eine Stabkirche, die abgerissen werden soll um in der Nähe von Dresden wieder aufgebaut werden zu können. Doch Astrid, deren Familiengeschichte eng mit den Glocken der Kirche verbunden ist, möchte verhindern dass diese zusammen mit der Kirche verschwinden.Bereits die ersten Seiten nehmen den Leser mit in eine mystische Welt voller Glauben und Aberglauben in einem abgelegenen Tal.

Ein Abschnitt aus dem „Gesang der Flusskrebse“, vorgelesen von Stephanie Hohmann, zog die Zuhörer einmal mehr in ihren Bann. Ein junger Mann stirbt, und eine ganze Küstenstadt ist sich einig: Schuld ist das Mädchen, dass allein und von der Familie verlassen im Marschland lebt. Geheimnisse und die Gewalt der Natur, eine Liebesgeschichte und ein Gerichtsdrama machen aus „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens einen unglaublich spannenden Roman.

„Das Zuhören lud zum Entschleunigen ein und macht Lust wieder einmal in die Literatur einzutauchen“, so formulierte es Pfarrer Markus Blümel abschließend.

Während der Regen auf das Kirchendach prasselte, herrschte im Inneren eine gemütliche Atmosphäre mit Kerzenschein. Für stimmungsvolle Lichtakzente und eine gute Akustik sorgte Cornelius Dehl.

Als „Bonustrack“ gab es noch zwei Gedichte: Jutta Dehl las „Das Ideal“ von Kurt Tucholsky und Pfarrer Blümel gab „Die Ballade vom Ritter Kunkel“ von Heinz Erhardt mit gekonnter Imitation zum Besten. Hier ging es einem Drachen an den Kragen, was wohl ganz im Sinne des Schutzpatrons der Eiterfelder Pfarrkirche Sankt Georg sein dürfte.