Dein Herz ist kalt geworden! | Für wen oder was schlägt es?

Impuls
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Mittwochmorgen. Ein Tag wie jeder andere. Mein Bauchgefühl sagte mir: „Etwas stimmt heute nicht.“ - und damit hatte ich offensichtlich Recht. Denn auf dem Sprung zum Büro musste ich feststellen, dass mein Covid-19-Schnelltest positiv ist. Um Gewissheit zu bekommen, entschied ich mich kurzerhand für einen PCR-Test in einer Auto-Teststation. Dort angekommen, verlief das Anmeldeverfahren kühl und distanziert. Ich blieb im Auto sitzen und wartete auf neue Anweisungen. Für einen Moment fühlte ich mich wie eine Aussätzige. Dann folgte schließlich die Durchführung des Tests und die Atmosphäre änderte sich tatsächlich schlagartig. Denn anders als erwartet, erlebte ich im gleichen Umfeld wie zuvor, junge freiwillige Helfer*innen in Schutzkleidung, die mir freundlich zulächelten und den Abstrich machten. Sie taten mir in diesem Moment einfach nur gut und ich spürte, wie etwas Ruhe in das Durcheinander einkehrte. Am Ende dieses Tages erinnerte ich mich nochmal an das Zeugnis dieser jungen Helfer*innen und war dankbar und erleichtert.

Mit dem positiven PCR-Testergebnis entstand eine ungeplante Situation für mich, in der ich mich erst einmal zurechtfinden musste. Mein Alltag wurde von 100 auf null runtergefahren. Von Jetzt auf Gleich kam es zur Isolation und Abschottung jeglicher sozialer Kontakte begleitet von Gliederschmerzen und Schwäche. Weiter noch erreichten mich in den kommenden Tagen immer wieder besorgniserregende Nachrichten und damit verbunden Unsicherheiten sowie schlaflose Nächte. Plötzlich quälten mich Ängste, die ich zunächst nicht einordnen konnte.

Ich weiß nicht mehr genau, wie es dazu kam, dass ich in der Biographie des Heiligen Franz von Assisi blätterte und mir seine Geschichte als Film anschaute. Zufall oder Fügung? Jedenfalls trafen mich seine Worte und Gedanken mitten ins Herz. Besonders eine Szene ging mir nicht mehr aus dem Sinn: Ein Bruder von Franziskus, Elias, konnte der Regel des Franziskus‘ nicht zustimmen. Obwohl dieser versuchte, seine Bedenken zu verbergen, spürte Franziskus die inneren Widerstände seines Mitbruders. Er spürte, dass Elias ein Leben nach seinen Regeln und vor allem seiner radikalen Lehre von der Armut ablehnte. Als Franziskus sich ein letztes Mal von Elias verabschiedete, um erneut in die Einsamkeit zu gehen, schaute er ihn liebevoll an und sagte: Elias, dein Herz ist kalt geworden.

Was für eine Frage, die nun auch an meiner Herzenstüre rüttelte. Die Tage in Quarantäne gaben mir Zeit über mein eigenes Herz nachzudenken: Zum einen das Durcheinander in meinem Leben vorsichtig aufzudecken und genauer hinzuschauen, wo mein Blick hingeht, was mich aus dem Gleichgewicht und meinen Glauben ins Wanken bringt. Zum anderem mir bewusst zu machen, was mir in dieser Zeit der Hiobsbotschaften Halt und Sicherheit gibt. Mit Franziskus wuchs in mir der Wunsch, diese Tage sinnvoll zu füllen und meine „freie Zeit“ Jesus Christus zu schenken. Dabei ließ ich mich von meiner geistlichen Begleiterin Madleine Delbrel leiten („Ergriffen von Gott“ | Exerzitien mit Madeleine Delbrel), die als Vorläuferin des zweiten Vatikanischen Konzils und als „Prophetin der Nachkonzilszeit“ gilt. Je mehr ich mich auf ihr Glaubenszeugnis und ihre Glaubensfreude einließ, um so ruhiger wurde ich. Ich merkte, wie meine Ängste langsam wichen und ich wieder Boden unter den Füßen bekam.

Mir ist klar, dass diese 10 Tage der Quarantäne eine Ausnahme waren und der Alltag mich schneller einholt, als es mir lieb ist. Doch ich bin heute sehr dankbar für diese Zeit und möchte die Erfahrungen der letzten beiden Wochen nicht missen. Vielleicht lassen auch Sie sich mit dem Ruf abholen: 

Dein Herz ist kalt geworden! | Für wen oder was schlägt es

Maria Martina Fischer