Sankt Jakobus-Kirche in Hünfeld als Kulisse für „Jedermann“
Der Hünfelder Kirchplatz wurde
zur Bühne für das Mysterienspiel „Jedermann“. Die Seitenfront mit der Eingangstür
der Stadtpfarrkirche Sankt Jakobus bot eine ideale Kulisse. Die Veranstaltung
ist der Beginn der Reihe „Kultur am Kirchplatz“.
Der Stoff des „Jedermann“ war in
unterschiedlicher Ausprägung schon im Mittelalter Gegenstand für Texte, Lieder
und Darstellungen. In Anlehnung an das englische Mysterienspiel „Everyman“ aus
dem 16. Jahrhundert verfasste Hugo von Hofmannsthal seinen „Jedermann“, der im
Jahre 1911 in Berlin Uraufgeführt wurde. Seit dem Jahre 1920 ist das Spiel um
den Tod des reichen Mannes jährlicher Bestandteil der Salzburger Festspiele mit
der Aufführung vor dem dortigen Dom. Unter dem Intendanten und künstlerischen
Leiter Felix Wiedergrün, Offenbach, hat das Ensemble feel-X e.V. dem
„Jedermann“ seine eigene Note gegeben und es im vergangenen Jahr im Kinzigtal
erstmals aufgeführt. In dem Stück werden
religiöse Glaubensinhalte in Allegorien vermittelt, wie dieses im Mittelalter
üblich war. Begriffe wie Glaube, Geld
oder Werke werden personifiziert. Sebastian Dietz als „Jedermann“ vollbrachte eine
Glanzleitung. Aber auch die anderen
Amateur-Schauspieler, die teilweise Doppelrollen spielten, standen ihm in
nichts nach. Das Geld war Jedermanns Lebensinhalt. Armut und Überschuldung rührten ihn nicht an. Die
Kirche Sankt Jakobus, die einen prächtigen Hintergrund bot, sollte zum
Lusttempel umgestaltet werden, so der Wunsch des Jedermann. Wollust, seine
Buhlschaft, Prasserei und rauschende Feste wurden gefeiert und sicherten ihm
scheinbare Freundschaft. Die mahnenden Worte seiner Mutter führten nur dazu,
diese mit scheinbarem Verständnis zu beschwichtigen. Gott spielt keine Rolle
mehr im Leben des Jedermann. Doch Gott schickt den Tod, den nur Jedermann
spüren und sehen konnte. Die Rufe „Jedermann“ aus allen Ecken des voll
besetzten Pfarrhofs steigerten die Dramatik. Gestik und Mimik des Jedermann verstärkten
noch den szenischen Inhalt. Der Tod, gespielt von Thomas Hummel, beeindruckte
nicht nur durch sein gänzlich in schwarz gehaltenes Erscheinungsbild, sondern
auch durch seine markante Stimme und den starren durchdringenden Blick, als er
durch die Zuschauermenge schritt. Im zweiten Teil, in dem Jedermann nach
Begleitern sucht, weil er sein Leben vor Gott rechtfertigen muss, trägt die
einbrechende Dunkelheit dazu bei, die Verlassenheit des Jedermann zu steigern.
Geld, Bedienstete, Vettern und Buhlschaft wenden sich von Jedermann ab. Niemand
will ihn in den Tod begleiten. Hoffnungslos kann er zuerst nicht erkennen, dass
die Werke (Julia Schäfer), die förmlich angekrochen kommen, sich zur Begleitung
anbieten. Erst als ihre Schwester der Glaube (Melanie Gräfen) sich
hinzugesellt, lässt sich Jedermann zu Umkehr bewegen. Der Teufel (Annette Wessolowski),
der seine sicher geglaubte Beute holen will, muss erkennen, dass Jedermann für
ihn verloren ist. Da helfen ihm auch noch so viele Versuche nicht Werke und
Glaube zu überwinden. Der Leichenzug, der vom Orgelspiel aus der Jakobuskirche
begleitet wird, passiert die Zuschauenden. Er hinterlässt einen Moment der
Stille, bevor das Publikum sich mit lang anhaltendem Beifall bei den Schauspielenden
bedankt, die sich auf der Bühne aufgereiht haben. Begrüßt und eingeführt hatte
zu Beginn Stadtpfarrer Dr. Michael Müller. Als ehemaliger Pfarrer von Bad
Soden-Salmünster kenne er seit fast zwanzig Jahre die Akteure, die teilweise
bei ihm Messdiener gewesen seien oder bei den Passionsspielen mitgespielt
hätten. Als er im vorigen Jahr die Erstaufführung des „Jedermann“ in Bad Soden
gesehen habe, habe er geplant, die Aufführung nach Hünfeld zu holen. Der
Pfarrer dankte den vielen ehrenamtlichen
Helferinnen und Helfern aus der Pfarrgemeinde und der Stadt Hünfeld, die
ihn bei der Planung, Werbung und Durchführung unterstützt hätten. Den
Kirchplatz bezeichnete er als einen geeigneten Theaterplatz. „Man muss nicht
nach Salzburg fahren, wenn man in Hünfeld den „Jedermann“ gesehen hat“ sagte
Pfarrer Dr. Michael Müller.
Text: Winfried Möller Bilder: Winfried Möller
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