Mit Talent und Treue

Eiterfelder Organisten-Urgestein Werner Hartmann hört nach 70 Jahren an der Orgel auf

 

Man hört immer wieder, Musizieren halte Geist und Körper jung. Dass daran etwas Wahres sein muss, beweist Werner Hartmann aus Eiterfeld in persona. Beeindruckende sieben Jahrzehnte hat der heute 84-Jährige in der katholischen Gemeinde als Organist gewirkt und mit seinem Können die Gottesdienste feierlich gestaltet. Am 2. Adventssonntag ist er nun auf eigenen Wunsch in den wohlverdienten Organisten-Ruhestand gegangen und wurde für seine herausragende Lebensleistung geehrt.

 

Wenn man Werner Hartmanns Beziehung zum Orgelspielen mit einer Ehe vergleiche, so könne man mittlerweile von einer Gnadenhochzeit sprechen, konstatierte Dechant Markus Günther zu Beginn seiner Laudatio. Er, der erst seit einem Jahr Pfarrer im hessischen Kegelspiel ist, habe Hartmann als routiniertes Naturtalent kennengelernt. Als einer der wenigen Organisten brauche er keinen Vorlauf zum Einüben, sondern hole sich die ausgewählten Lieder in aller Regel erst kurz vor dem Gottesdienst in der Sakristei ab – um sie dann gekonnt vom Blatt zu spielen. Das musikalische Talent selbst war vermutlich  gottgegeben schon von Klein auf da. Und vom Vater, der selbst auch Orgel spielte, waren Werner Hartmann und seine Geschwister schon früh zum Klavierunterricht angemeldet worden. Sohn Werners Begabung zeichnete sich bald ab und so führte ihn der Vater auch an die Eiterfelder Orgel heran – nicht zuletzt, um sich aus dem eigenen Nachwuchs einen Stellvertreter an der Orgel zu rekrutieren, der ihm an Tagen mit mehreren Messen ein paar freie Stunden zum Kartenspielen sichern konnte.

 

Ab seinem zwölften Lebensjahr, so erinnert sich Hartmann, habe er zu Andachten an Sonntagen Orgel gespielt, in den folgenden Jahren zunehmend mehr. So kamen zum Talent dann auch der unabdingbare Fleiß, ein hohes Maß an Pflichtbewusstsein und eine besondere Treue hinzu. Ab 16 musste er dann regelmäßig Dienst tun an der sogenannten Königin der Instrumente. „Ich habe mich von einem Muss-Organisten zu einem Gewohnheitsorganisten entwickelt“, so beschreibt es Werner Hartmann bescheiden und wenig romantisch. Wieviel Zeit und Arbeit hinter einem solchen Werdegang stecken, damit geht er nicht hausieren. Aber allein um die C-Prüfung zu bestehen, die Hartmann mit 22 Jahren am Institut für Kirchenmusik in Fulda abgelegt hat, mussten sicherlich Stunden um Stunden an Übungszeit investiert werden. Geprüft wurde in Orgelspiel, Liturgie- und Kirchengeschichte, Gesang, Gregorianischer Choral, Chorleitung und Musiktheorie.

Gut siebzig Jahre hat Werner Hartmann die Orgel zu allen möglichen Anlässen gespielt; in den Eucharistiefeiern am Sonntag oder am Werktag, bei Andachten ebenso wie bei Hochzeiten, Taufen und Trauerfeiern. Nicht nur in Eiterfeld gab er an der Orgel den Ton an, sondern öfter auch als gern gefragte Aushilfe in der Umgebung. Von Pfarrer Günther bekam er als Anerkennung dafür eine sehr selten verliehene Urkunde des Bischöflichen Kirchenmusikinstitutes überreicht, Vertreter der Gremien sowie die versammelte Gemeinde schlossen sich mit einem Geschenk, warmen Dankesworten und wertschätzendem Applaus an. Die neu gewonnene Freizeit kann Werner Hartmann als Ehemann, Familienvater, Opa und sogar Ur-Großvater bestimmt sinnvoll nutzen und sich während der Gottesdienste am Orgelspiel der nachwachsenden jüngeren Organisten-Generationen erfreuen. Ob jemand in der Gemeinde noch einmal das 70-jährige Organistenjubiläum erreichen wird, bleibt allerdings vorerst dahin gestellt.

 

Text und Bilder: Lydia Hohmann