Reisetagebuch vom 08.10.2025
In aller Herrgottsfrühe sind wir heute morgen auf den Beinen, denn wir wollen den Papst sehen. Und wer zur Generalaudienz auf dem Petersplatz nicht beizeiten aufbricht, der kann sich auch nicht die besten Plätze sichern. Also heißt es um Punkt 6 Uhr: Loslaufen zur U-Bahn-Station. Mit unseren Pilger-Strohhüten sind wir als Gruppe gut zu erkennen. Vor dem noch geschlossenen Tor zum Vatikangelände stehen schon ein paar frühe Vögel an, als wir kommen. Nun heißt es warten und wir vertreiben uns die Zeit mit Singen und Beten. Schließlich öffnet sich das Tor. Zuerst müssen wir noch durch die obligatorische Sicherheitsschleuse, dann beeilen wir uns, um zu den guten Plätzen entlang der Papamobilroute zu gelangen. Da macht sich das frühe Aufstehen bezahlt, denn wir ergattern Plätze für alle Jugendlichen und Begleiter in Reihe zwei und drei entlang der Querstrecke. Die Chancen, einen guten Blick zu erhaschen stehen also nicht schlecht. Über die Lautsprecher werden gegen halb zehn alle möglichen angemeldeten Pilgergruppen aus aller Herren Länder in den unterschiedlichen Sprachen aufgerufen. Viele Ordensleute sind darunter, weil Papst Leo die Angehörigen geistlicher Berufe ausdrücklich eingeladen hatte. Etliche Gruppen sind aus den Vereinigten Staaten angereist, sicher um "ihren" Papst einmal in Rom zu besuchen. In unseren Reihen brandet zum ersten Mal Applaus auf, als das Bistum Fulda aufgerufen wird. Damit ist allerdings unter anderen die Pilgergruppe gemeint, die mit Weihbischof Professor Karlheinz Diez unterwegs ist und der wir witzigerweise während der Anreise auf einem Rastplatz begegnet waren. Aber als der Name unserer Jugendpilgergruppe Geisa-Eiterfeld-Bergen-Enkheim über den Petersplatz schallt, jubeln wir laut. Gegen zehn Uhr setzt sich das Papamobil in Bewegung, wir können den Papst schon von weitem herannahen sehen. In einigen Metern Entfernung wird ein kleines Mädchen nach oben gereicht, das der Pontifex herzlich in die Arme schließt und das ihn ganz vertrauensvoll umarmt. Ein paar Augenblicke später steht er dann auf dem Papamobil leibhaftig vor uns, fast zum Anfassen nah. Der Heilige Vater lächelt, winkt den begeisterten Menschen zu und grüßt mit Mimik und Gesten ganz persönlich die beiden jüngsten Jungs aus unserer Gruppe, die ihm mit ihren Pilgerhüten zugewunken haben. Immer wieder segnet er kleine Kinder und Menschen, die ihm zurufen. Dann fährt das Mobil weiter und wir versuchen noch das Erlebte ganz zu erfassen, als Papst Leo ein zweites Mal - quasi auf der Rückfahrt - vor uns steht. Ein beeindruckendes und unvergessliches Erlebnis für uns alle! Nach seiner Fahrt durch die Menge nimmt das Oberhaupt der katholischen Kirche vor dem Petersdom Platz und legt für die rund 60.000 Gläubigen das Evangelium aus. Um die Emmaus-Jünger geht es da unter anderem, die wegen des Todes ihres Herrn ganz traurig gewesen waren in der Annahme, dass er gescheitert sei. Sie hätten sich einen anderen Ausgang frei von Kreuz und Schmerz gewünscht. Und es geht darum, dass der auferstandene Jesus, so formuliert es der Pontifex, sich diskret, ohne großen Auftritt, einfach mit den Jüngern an einen Tisch gesetzt habe. Geduldig habe er ihnen erklärt, dass Kreuz und Schmerz nicht die Widerlegung der Verheißung seien, sondern der Weg, auf dem Gott das Ausmaß seiner Liebe offenbare. Die Auferstehung sei eine stille Verwandlung, die jede menschliche Geste, auch ganz alltägliche, mit Sinn erfülle.
In Richtung der deutschsprachigen Gläubigen ruft Leo XIV. später eindringlich dazu auf, im Rosenkranzmonat Oktober für den Frieden in der Welt zu beten. Mit der Zusage, uns alle auf dem Petersplatz inklusive unserer Lieben zu segnen, berührt der Heilige Vater viele. Das gemeinsame lateinische Vaterunser ist zum Abschluss noch einmal ein starkes Zeichen der Zusammengehörigkeit.
Vom gemeinsamen Erlebnis der Audienz inspiriert, verlassen wir langsam mit all den anderen Pilgern den Petersplatz. Unsere Pilgerfahrt ist noch nicht zu Ende. Auf geht's nach Assisi!
Noch unter dem Eindruck der Papstaudienz sind wir von unserem Lieblingsbusfahrer Peter aus Rom heraus nach Assisi chauffiert worden. Unsere Unterkunft liegt im Tal, im Stadtteil Santa Maria degli Angeli. Von dort aus konnten wir schon bei der Ankunft das Franziskanerkloster und die Oberstadt auf dem Berg im goldenen Licht der untergehenden Sonne bewundern. Noch am Abend suchten wir zunächst in der Unterstadt die Basilika Santa Maria degli Angeli auf. Diese Kirche ist etwas ganz Besonderes, weil sie im wahrsten Sinne des Wortes um die ursprüngliche Portiuncula-Kapelle und die Sterbestelle des heiligen Franziskus herum gebaut wurde. Es steht also mitten in einer großen, mit ihren weißen Säulen elegant wirkenden Basilika eine kleine, alte, schlichte Kapelle. Von außen ziert sie ein farbiges Fresko, auf dem im Zentrum Jesus und Maria im Himmel thronend zu sehen sind, umgeben von den Aposteln und betend verehrt von Franziskanerbrüdern. Auch innen sind Wände und Gewölbe mit bunten Fresken und Wandmalereien gestaltet, die Szenen aus der Bibel zeigen, an prominenter Stelle beispielsweise die Verkündigung des Engels an Maria. Wir konnten leise hinein gehen in die Portiuncula, die dem heiligen Franziskus im Jahr 1208 quasi als Wiege seines größer werdenden Ordens vom zuständigen Abt zur Verfügung gestellt worden war. Dort - in dem geschützten Raum in einem geschützten Raum - still zu werden, ins Gebet zu gehen, war eine unglaublich anrührende, einzigartige Erfahrung für viele von uns. Wenige Meter entfernt konnten wir außerdem die als Andachtsort gekennzeichnete Stelle besuchen, an der der heilige Franziskus, der Legende nach nackt wie Gott ihn einst geschaffen hatte, 1226 gestorben war. Mit diesen ersten Eindrücken kehrten wir in unser Hotel zurück, aßen gemeinsam zu Abend und besprachen kurz unsere Planung für die morgige Erkundung von Assisi.
Bilder von der Papstaudienz
Ankuft in Assisi
Text: Lydia Hohmann Bilder: Lydia Hohmann und Marcel Krawietz